Andreas Christl, Inhaber von Abenteuer4x4, gehörte 2018 zu einem der glücklichen Menschen, die eines der letzten G-Modelle mit Starrachse ergattern konnten. Denn die Sonderedition des G-Professional war auf 463 Exemplare limitiert. 463, weil es sich um das G-Modell 463 handelte. Wer Andreas kennt, dem war jedoch klar, dass er den Wagen umbauen würde. Und so wurde der seltene Mercedes G zum ultimativen Reise-Offroader.
Das Sondermodell Mercedes G 350 D Professional

Eingefleischten G-Fahrern ist der Name Gunther Holtdorf ein Begriff. Für alle, die mit dem Namen nichts anzufangen wissen: Holtdorf bereiste mit einem umgebauten Mercedes-Benz 300 GD aus dem Baujahr 1988 insgesamt 215 Länder in allen Erdteilen dieser Welt und nahm dabei knapp 900.000 Kilometer unter die Räder. Seinen hellblauen G-Wagon nannte er „Otto“. Mit der letzten Sonderedition des G 463 mit vorderer Starrachse setzte Mercedes-Benz ihm quasi ein mobiles Denkmal. Daher kommt das helle Blau des G-Sondermodells also nicht von ungefähr. Außer der Farbe haben Otto und die Limited Edition allerdings nicht mehr viel gemeinsam. Der G 350 D Professional ist deutlich moderner und bietet alles, was ein Fahrzeug heute so an Bord haben muss.

„Naja fast“, sagt Andreas Christl, Inhaber von Abenteuer4x4. „Der Tempomat ist bei der Limited Edition nicht mit drin.“ Das war dann auch gleich die erste Umbau-Maßnahme, die sich nach einem Griff ins Mercedes-Ersatzteil-Regal relativ schnell umsetzen ließ. Die Schaltereinheit gibt’s als komplettes Bauteil. Nach dem Einbau müssen ein paar Einstellungen an der Software angepasst werden, und schon hält der G die Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn ganz allein.
Die ersten Umbauten des ultimativen Reise-Offroaders

Es ist schon ein Kreuz mit diesen Geländewagen. Da kauft man sich einen, und kaum versieht man sich, finden die ersten Umbauteile fast wie von selbst ihren Weg an den Offroader. So ging es natürlich auch Andi Christl, nachdem er seinen G der limitierten G-350er-Sonderauflage sein Eigen nennen konnte. Kaum bei ihm angekommen, rollte der Wagen schon in die Werkstatthallen von ORC in Holzgerlingen bei Stuttgart, wo er einige Upgrades wie Fahrwerk, Seilwinde und vor allem die von Andreas entwickelten Rockslider an und unter das Blech geschraubt bekam. Die Rockslider hatte er schon für den Defender entworfen und vertrieben, dann kurzerhand auch für den G gebaut und bietet sie heute auch für den Ineos Grenadier an.

Das Fahrwerk ist eine ORC-Eigenentwicklung, genauso wie die Halter für den LED-Lichtbalken. Die Windenstoßstange kommt von LeTech aus dem schwäbischen Welzheim und wird über ORC vertrieben. Für die Lieferung der Warn-Seilwinde, eine Warn Zeon 10 Platinum mit Fernbedienung und elektrischem Freilauf, ist der Umbauspezialist Taubenreuther aus Kulmbach zuständig. Die Dachplattform war bei dem Sondermodell übrigens bereits ab Werk dabei. Sonst wäre hier sicher auch noch was obendrauf gekommen.

Portalachsen für den ultimativen 4×4-Camper
Es ist ein altes Jeeper-Motto: „A Jeepers work is never done“, was soviel bedeutet, wie „Die Umbauten gehen immer weiter, irgendwas findet man immer“. Aber das gilt eben auch für andere Geländewagen. Und so fand das modifizierte G-Modell 2019 erneut den Weg in die Werkstatt von ORC. Diesmal sollten es die Portalachsen von LeTech sein, die dem blauen G zu noch mehr Bauchfreiheit verhelfen. Dass damit auch ein bulligerer Auftritt einhergeht, ist bei diesem Umbau mehr als nur angenehmer Nebeneffekt.

Doch natürlich ist es mit den Portalachsen alleine nicht getan. Denn die Räder, die schon beim ersten Umbau an Durchmesser zugelegt hatten, sehen nach dem Umbau an dem nochmals in der Höhe gewachsenen G einfach zu klein aus. So wandern ein paar ausgewachsene 37-Zöller an die Enden der Portalachsen. Blöd nur, dass die nun etwas aus den Radhäusern herausstehen. Das mag der TÜV bekanntlich gar nicht gern. Also Kotfügelverbreiterungen runter und breitere drauf. Schon besser.

Leider passen aber nun die Abenteuer4x4-Rockslider nicht mehr, denn die wurden für die Original-Verbreiterungen konzipiert. Schweren Herzens werden sie daher demontiert und gegen passende Trittbretter ausgetauscht. Immerhin: Die +40-Millimeter-ORC-Federn und die Bilstein-Dämpfer dürfen bleiben. Der LeTech-Unterfahrschutz, die LeTech-Windenstoßstange und die Warn Zeon 10 Platinum sowieso. Haben sie schon voher gut ausgesehen, passen sie auch zum neuen Auftritt von Andis G perfekt. Dass diese Modifikationen an einem echten Geländewagen, der auch als solcher genutzt wird, sinnvoll sind, steht ohnehin außer Frage.
Mercedes G als ultimativer Reise-Offroader

Und im Gelände genutzt wurde der G von Andreas. Eine der ersten Fahrten führte Fahrer und Fahrzeug nach Montenegro zu einer Scout-Tour für das Offroad-Reiseportfolio von Abenteuer4x4. Und da Offroad-Reisen und Outdoor-Leben irgendwie zusammengehören, hat Andi noch ein Dachzelt von Nakatanenga auf dem serienmäßigen Dachträger montiert. Das befindet sich nach dem Umbau auf Portalachsen dort oben zwar in luftiger Höhe, aber wozu gibt es Leitern? Außerdem hat man so gleich am Morgen einen guten Überblick über die Lage.

Natürlich treibt uns auch diesmal wieder die Frage um, wie sich das Ding denn nach dem Umbau nun fährt. Damit wir das selber ausprobieren können, drückt uns Andi kurzentschlossen den Zündschlüssel in die Hand und deutet zum Fahrersitz. Das lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen, entern freudig den Hochsitz hinter dem Volant und starten den Motor. Überblick und davon jede Menge, ist das Erste, was uns auffällt. Hier thront man im wahrsten Sinne des Wortes über dem Verkehr.

Doch wer will in so einem Auto schon Straßenverkehr? Also ab ins Gelände. Und das geht mit dem Portalachsen-G einfach genial. Wo wir mit anderen Offroadern um dicke Brocken drumherum oder an tiefen Rinnen eine flache Stelle suchen müssen, fahren wir mit diesem Geländegänger einfach drüber oder durch. Kurz: Es macht einfach höllisch Spaß, den Wagen da zu bewegen, wo er hingehört.
Klar, der Umbau hat seinen Preis. Rund 30.000 Euro wurden seinerzeit für die Portale fällig, 4.000 für die Kotflügelverbreiterungen, und für Felgen und Reifen gingen nochmal über 8.000 Euro über den Ladentisch.
Heute ist das Sondermodell nur noch mit Glück und als Gebrauchter zu bekommen. Und für Beträge, die nicht mehr fünfstellig sein dürften. Denn das Fahrzeug ist längst zum begehrten Sammlerobjekt geworden. Und Otto, der hellblaue G von Gunther Holtdorf? Der steht seit dem 21. Oktober 2014 im Mercedes-Benz Museum in Stuttgart-Untertürkheim und kann dort besichtigt werden.
Fotos: Michael Scheler, Andreas Christl















