Heute geht alles: mit einem Sprinter samt Wohnmobilausbau ins Gelände, ohne das alles auseinander fliegt. Jörg schafft das in seinem Hymer Grand Canyon S. Allerdings durch Overland Equipment aus Geyer massiv fürs Offroadreisen umgerüstet.
Geländegängig reisen im Hymer Grand Canyon S
Wer offroadig reisen will, übt oft bewussten Verzicht. Dabei sind weniger umfangreicher Komfort und Bequemlichkeit als puristische Bescheidenheit und passende Detaillösungen gefragt. Oft begrenzt dabei der Platz und die Zuladung die Möglichkeiten. Alles anders im Sprinter von Jörg: 4,4 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht, eine Länge von 5,93 Metern und eine üppige Höhe von 2,76 Metern machen vieles möglich, was in den üblichen Reiseoffroadern undenkbar ist. Na klar, im Vergleich zum Defender, der G-Klasse oder zu den vielen Pickups kommt der Sprinter nicht so weit und so heftig voran. Aber er ist immer noch so viel besser im Gelände als klassische Wohnmobile, dass sich dieser Vergleich im Grunde verbietet. Mit einem einfachen Wohnmobil hat der Sprinter von Jörg nichts mehr zu tun. Er entschied sich für den Grand Canyon, weil in diesem teilintegrierten Fahrzeug „alles drin ist und man fast überall hinkommt“ wie er sagt.
Innen viel Serie
Im Innenraum geht es recht serienmäßig zu. Zumindest die Oberfläche, also Möbel und Zuschnitt des Wohnbereiches entsprechen eins zu eins dem Auslieferungszustandes ab Werk. Aber: darunter ist alles anders. Weil der Sprinter auch in kalten Gebieten bewegt wird, wurde durch Overland Equipment eine vollständige Fahrzeugdämmung mit Armaflex vorgenommen. Ein extrem aufwendiger Arbeitsschritt, musste doch extrem viel im Innenraum demontiert werden. Im Zuge dessen wurde auch die Elektroinstallation extrem erweitert. Neben der noch vergleichsweise einfachen Einrüstung von unzähligen USB-Steckdosen, wurde auch eine Batterieerweiterung auf 325 Ah umgesetzt. Dazu werden eine AGM-Batterie und eine Lipo-Batterie von Liontron zusammen betrieben.
Jede Batterie wird getrennt voneinander mit der korrekten Ladekurve geladen. Die Energie wird beispielsweise für den 1700 Watt starken Büttner Elektronik MT 1700 SI-N-Sinus Wechselrichter benötigt. Selbstverständlich ordnungsgemäß mit einem FI-Schutzschalter abgesichert. Nachladen funktioniert zum einen durch die Lichtmaschine während der Fahrt und zum anderen per drei 110 Watt starken Solarpanelen. Das ist unheimlich viel und reicht laut Jörg für eine Woche autarkes Stehen. Auch eine Seilwinde wurde im Rahmen des umfangreichen elektrischen Umbaus montiert. Sie stammt von Warn und wird mit einem Windenträger von Overland Equipment kombiniert.
Viel Leistung als Reserve und Sicherheit
Der Motor wurde leistungsgesteigert. Durch legale Kennlinienanpassungen erreicht er nun anstatt von 163 PS satte 190 PS und hat 55 Newtonmeter mehr Drehmoment. Das reicht, um den Sprinter auf der Anreise sehr ordentlich bewegen zu können und bietet einige Leistungsreserven im Gelände. Der serienmäßige Luftfilter wurde durch ein Model von K&N getauscht. In Bezug auf das Fahrwerk wurde einiges verändert. Dazu gehört der Einbau von Konistoßdämpfern bei Taubenreuther vorn. Hinten kommen seit dem Umbau eine VB Air Suspension luftgefederte Hinterachse mit Bedienteil in der Mittelkonsole zum Einsatz. Zusätzlich kommt eine Spurverbreiterung von 25 mm je Rad des Herstellers Hofmann zum Einsatz. Kombiniert werden diese Fahrwerksveränderungen mit Fondmetal EvoCorse Dakar Zero Felgen in der Größe 8×17 und BFGoodrich AT2 Reifen in 275/65 R 17.
Übrigens können die Reifen dank eines festeingebauten ARB-Kompressors unter dem Beifahrersitz befüllt werden. Durch all diese Maßnahmen kommt der Sprinter deutlich höher als es das sowieso schön höhere Allrad-Fahrwerk beim Sprinter serienmäßig ermöglicht. Zusätzlich ist der Unterboden an neuralgischen Punkten durch Aluminiumplatten geschützt. Im Detail werden Motor, Tank, das Verteilergetriebe und das Differenzial dadurch abgedeckt.
Viel Zubehör am Hymer Grand Canyon S
Sowohl auf dem Dach als auch am Heck befinden sich unzählige Anbauteile, die die Transportkapazität erhöhen. Die Staubox von Overland Equipment wurde zusätzlich mit einem Fahrradträger kombiniert. Das Besondere: die Anbauteile kommen in den allermeisten Fällen ohne zusätzliche Bohrungen aus, sondern werden ausschließlich an vorhanden Schraubmöglichkeiten befestigt.
Ein Sprinter dieser Ausbaustufe ist selten. Vom Grand Canyon S gibt es durchaus viele, da dieses serienmäßige Fahrzeug schon eine bessere Offroadreisefähigkeit als herkömmliche Sprinter mitbringt. Doch Jörgs Sprinter ist so umfangreich umgebaut, dass wir diese Ausbaustufe als außergewöhnlich bewerten. Wo viel Licht ist, ist aber auch Schatten. So bewertet Jörg den Leichtbau der Möbel als nur bedingt offroadtauglich, da nach einer Tour in Marokko doch einiges an Knarzen und Wackeln bemerkbar ist.
Overland Equipment nutze den Sprinter übrigens auch als Versuchsträger für verschiedene Neuentwicklungen, weshalb einiges bisher unbekanntes Zubehör montiert ist. Jörg jedenfalls nutzte den Sprinter erfolgreich in Marokko, wo er bei Six Dunes viele Passagen bewältigen konnte. Natürlich ist der Sprinter nicht mit G-Klasse und Wrangler in Bezug auf die Offroadfähigkeiten vergleichbar, aber Pisten und leichtes Gelände sind mit dem Grundziel weit zu Reisen, sehr gut möglich.