Norwegen im Winter ist mystisch und das Nordkapp ein Traumziel vieler Reisender. Wir fuhren bei bis zu minus 30 Grad ans Nordkapp, schliefen im Dachzelt und waren froh, Allrad an Bord zu haben. Unsere Reise zum Nordkapp im Winter mit Dachzelt.
Eigentlich ist das Nordkapp ein klassisches Reiseziel für Vanlifer. Die Natur ist wirklich beeindruckend und andere Dinge sind alles andere als langweilig. Allrad macht aber wenig Sinn. Zumindest im Sommer. Im Winter sieht das vollkommen anders aus und das war es, was uns ans Nordkapp im Winter trieb: Schnee, Glätte, riesige Distanzen und eisige Temperaturen fordern Mensch und Material. Bei winterlichen Bedingungen macht Allrad und erhöhte Bodenfreiheit deutlich mehr Sinn als im Sommer und ist manchmal Garant für schnelles und sicheres Durchkommen.
Schnell hin, viel sehen bei unserer Reise ans Nordkapp im Winter
Wir wollten kein Sightseeing und kein länger als nötiges Verweilen an schönen Orten. Wir wollten so schnell wie möglich an das Nordkapp und fuhren daher eine Route durch Schweden, bogen dann nach Norwegen ab, um die Lofoten zu befahren. In einem Nissan Navara, speziell durch Daktec aus Rathenow umgebaut, machten wir uns auf den mehr als 3600 Kilometer langen Weg und zurück. Bedingung unserer Reise war es, so oft wie möglich zu Campen. Nicht unbedingt wild, sondern auf Campingplätzen. In Norwegen ist wildes Campen oft erlaubt, perfekt für unsere Reise ans Nordkapp im Winter.So lange man seinen Müll wieder mitnimmt und nicht zu nah an bebauten Gebieten steht, erlaubt der Gesetzgeber das freie Campen. Außerdem sind viele kostenlose Stellplätze auf dem Weg verfügbar, meist sogar mit Toiletten. Im Winter waren diese allerdings oft, aber nicht immer, verschlossen. Diese tolle Infrastruktur macht es Winter-Reisenden sehr einfach. Wir reisten auf dem Landweg über die Öresundbrücke über Dänemark nach Schweden.
Nicht ganz leicht, aber defnitiv ein tolles Erlebnis
Auf dem Weg ans Nordkapp im Winter begegneten uns viele Schwierigkeiten. Zwar fuhren wir mit Navigationssystemen, allerdings waren Straßensperrungen aufgrund von Schneeverwehungen sehr oft nicht eingetragen. Manche Straßen, gerade weiter im Norden, waren stundenlang nicht passierbar. In solchen Situationen sammelten sich viele Fahrzeuge vor den Sperrungen und warteten auf Schneepflüge bzw. Schneefräsen. Offiziell werden dann Kolonnenfahrten angeboten. Dicht an dicht gereiht, Warnblinker und alle Scheinwerfer angeschaltet, ghet es oft kilometerweit hinter Schneepflügen durch die schönste Schneelandschaft. In Norwegen sind unglaublich viele Fahrzeuge mit Allradantrieb unterwegs, weswegen auch steile Anstiege bei diesen Kolonnenfahrten kein Problem darstellen. Wir sahen aber auch einige Touristen in Fronttrieblern, die selbst in diesen Kolonnen liegenbleiben. Im Daktec-Navara war das aber kein Problem für uns.
Atemberaubende Natur bleibt unvergesslich
Auf dem Weg ans Nordkapp begeistert die Natur mit wilden Fels und Gesteinsformationen. Überall sieht man gefrorene Wasserfälle und tief verschneite Ferienhäuser. Oft stehen einsame Fahrzeuge am Straßenrand und weit entfernte Häuser werden durch die Bewohner mit Schneemobilen angefahren. Meist führen die Straßen in Tälern von A nach B, immer an Flüssen entlang. Mal sind sie gefroren, mal befahrbar. Auf den gefrorenen Flüssen sind ständig Schneemobile unterwegs. Mit hohen Geschwindigkeiten pflügen diese Fahrzeuge durch den Schnee. Ein Grund, weshalb wir unbedingt auch einen Ausflug mit den walzenbetriebenen Schneemobilen unternehmen wollten. Auf einem unserer Campingplätze fanden wir schnell die Möglichkeit einer geführten Tour und waren dann mehrere Stunden bei minus 13 Grad auf dutzenden gefrorenen Seen unterwegs. Eine unglaubliche Erfahrung, wenn auch teuer. Zumindest in Norwegen. In Schweden sind ebenfalls viele Tourenanbieter ansässig, wobei die Preise deutlich geringer ausfallen.
Lange auf Autobahnen unterwegs
Auf dem Weg unserer Reise ans Nordkapp im Winter folgen wir lange der E4 durch Schweden und biegen über die E45 nach Vilhelmina ab und fahren über die 95 nach Norwegen weiter. Die Straßenverhältnisse sind im Winter für unser Verständnis abenteuerlich. Generell salzen die Skandinavier ihre Straßen im hohen Norden nicht. Sie schieben den Schnee zur Seite, zurückbleibt eine dicke Eisschicht. Auf unseren ersten Meter ließen wir es europäisch-ruhig angehen und fahren maximal 50 km/h. Nach wenigen hundert Kilometer wuchs unser Selbstvertrauen und wir erhöhten auf bis zu 110 km/h. Ob das weise und sinnig war, wissen wir nicht, aber es funktioniert. Gerade weil viele Passagen einfach schnurrgeradeaus führen, sind diese Geschwindigkeiten kein Problem. Mancher Einheimischer überholt selbst bei diesen Geschwindigkeiten noch, nutzt aber auch Spike-Reifen. Eine irre Erfahrung. An unserem Fahrzeug sind BFGoodrich AT-Reifen montiert. Diese funktionieren in Norwegen auf vereisten und verschneiten Straßen ganz hervorragend. Links und rechts der Wege liegt tausende Kilometer lang meterhoher Schnee. Alles ist eingeschneit und auf stehenden Fahrzeugen messen wir bis zu 1,30 Meter Schnee. Wahnsinn.
Campen im Dachzelt bei unserer Reise ans Nordkapp im Winter
Wahnsinnig war wohl auch unsere Idee auf dem Weg an das Nordkapp im Winter zu campen. Dazu suchen wir Campingplätze auf. Wir finden diese über Google-Maps entlang unseres Weges. Nach wenigen Telefonaten ist jedes Mal ein geöffneter Platz gefunden. Wir schlafen im Dachzelt von Autohome und einem Wurfzelt von Decathlon. Am Morgen sind die Zeltplanen mit feinen Eiskristallen, gefrorene Atemluft, überzogen. Bis minus 10 Grad können wir ohne technische Hilfsmittel sehr gut schlafen, auch wenn wir auf Mütze und Halstuch, sowie zwei weitere Decken nicht verzichten können. Ab minus 10 Grad betreiben wir jeweils ein Heizkissen im Schlafsack. Unfassbar effektiv und einfach. Um die Starterbatterie nicht zu belasten, schliessen wir die 100 Watt starken Heizkissen an unsere Versorgungsbatterie des Doppelbatteriesystems an. Nach jeweils drei Stunden schalten die Kissen automatisch aus, weshalb die Batterie nicht übermäßig belastet werden.
Kochen war schwierig
An seine Grenzen kommt unser Gaskocher mit einem Butan-Propan-Gemisch. Ab circa minus 6 Grad lässt die Leistung extrem nach. Ein Schütteln der Kartusche ermöglicht dann kurze Zeit eine bessere Leistung. Besser funktionieren spezielle Winterkartuschen, die durch ein absorptionsfähiges Papier in der Kartusche die Oberfläche für die Verflüchtigung des Gases vergrößern. Diese Kartuschen funktionieren bei bis zu minus 20 Grad. Größere Kartuschen sind physikalisch durch die größere Verdunstungsfläche besser als kleine geeignet.
Insgesamt ist die Versorgung in Norwegen sehr teuer. Wichtige Reiseutensilien wie Whisky und Cola sind fast unbezahlbar. Wir führen daher fast alles mit. Unserer Erfahrung nach, macht es allerdings keinen Sinn, Flüssigkeiten in größeren als Tagesmengen mitzuführen. Solange der Innenraum warm ist, ist alles ok. Spätestens während der Nacht gefrieren die Getränke.
Kurze Pause vor den letzten Metern ans Nordkapp
Als wir das Nordkapp nach vier Tagen Fahrt erreichen, waren die letzten 13 Kilometer nicht passierbar. Dreimal am Tag bietet die dortige Kommune daher Kolonnenfahrten an. Ein riesiger Schneepflug führt die Besucher dann durch eine Hochebene direkt zu einem Parkplatz. 55 Euro Eintritt samt Parkplatz machen es dann möglich direkt am touristischen Nordkapp zu stehen. Wir hatten Glück: gutes Wetter, keine riesigen Reisegruppen. Wer Pech hat, steht zusammen mit 10 Busladungen Touristen, die oft von den Hurtigruten-Schiffen vom Hafen in Honningsvag an das Nordkapp gefahren werden. In der Nähe des Nordkapps werden Campingplätze extrem rar. Wir finden keinen geöffneten. Daher müssen wir auf ein Hostel in Honningsvag zurückgreifen.
Unser Fazit zur Reise ans Nordkapp im Winter
Das Nordkapp ist im Winter ein fantastisches Ziel. Der Weg dorthin ist mit durchaus großen Schwierigkeiten verbunden und die Wetterbedingungen fordern viel vom Fahrzeug und Passagieren. Die Natur in Norwegen, verbunden mit großen Schneemengen bietet viele fantastische Eindrücke. Und Allrad macht wirklich Sinn. Wirklich.
Das Nordkapp:
Eigentlich ist das Nordkapp gar nicht das echte Nordkapp. Das echte Nordkap befindet sich nicht auf dem Festland, sondern auf einer diesem vorgelagerten Insel. Der nördlichste Punkt des Festlandes ist die Landzunge Kinnarodden. Auch auf der Insel Magerøya, auf der auch das Nordkap liegt, befindet sich auf 71° 11′ 08″ nördlicher Breite ein noch 1400 Meter weiter nördlich gelegener Punkt, nämlich die westlich benachbarte Landzunge Knivskjellodden. Das touristische Nordkapp ist allerdings das einzige, dass auch mit dem PKW erreicht werden kann.
Ausrüstungstipps:
Heizkissen, z.B. von Bosch circa 20 Euro.
Primus Winterkartusche, circa 10 Euro
Soto – WindMaster Sturmkocher, circa 90 Euro
Campinggeschirr von Decathlon, circa 35 Euro
Schlafsack Nordisk Gormsson, bis minus 20 Grad, circa 220 Euro
Wichtige Telefonnummern:
Polizei: 112
Rettungsdienst: 113
Feuerwehr: 110
Deutsche Botschaft in Norwegen: +47 23 27 54
Anreise:
Ab Hirtshals in Dänemark kann man nach Langesund bei Oslo per Fähre reisen. Rechtzeitig gebucht kostet diese Variante knapp 300 Euro. Lange Reisefahrzeuge sind deutlich teurer. Auf dem Landweg kann es über Dänemark und Kolding nach Kopenhagen und Malmö über die Örseundbrücke gehen. Die Maut kostet knapp 60 Euro, wobei die Strecke knapp 200 Kilometer länger ist, als eine weitere Variante über Fehrmann. Hier kann die Scandline-Fähre nach Puttgarden genutzt werden. Sie kostet knapp 90 Euro und dauert 40 Minuten. Alle Anreisevarianten haben ihre Vor- und Nachteile. Die Fähre nach Oslo dauert vier Stunden, was vier Stunden Erholung bedeutet, ist aber teuer. Die Fahrt über die Öresundbrücke ist länger aber etwas günstiger als die Fähre ab Fehrmann. Die weitere Reiseroute, ob durch Norwegen oder Schweden, entscheidet über die Anreise.
Fahrzeugtipps:
Gute, am besten neue Winterreifen sind absolute Pflicht. Schneeketten knnen mitgeführt werden, waren auf unserer Reise aber nicht notwendig. Man kann sein Fahrzeug samt Kennzeichen im Voraus registrieren, um die Mautabrechnung zu vereinfachen. Auf dem Weg an das Nordkapp im Winter erlebten wir bis zu minus 30 Grad. Das Fahrzeug muss dafür vorbereitet werden. Der Kühlerschutz sollte bis minus 60 Grad ausgerüstet sein, auch das Wischwasser geprüft werden. Die Gummidichtungen der Türen sollten mit Glycerin bestrichen werden. Zusatzscheinwerfer, wie bei uns von Lazer, machen die Nacht zum Tag, denn die Nächte in Schweden sind unfassbar dunkel. Man sollte so oft wie möglich Tanken, da in kalten Regionen spezieller Winterdiesel erhältlich ist. Ein halbvoller Tank Diesel geliert bei tiefen Temperaturen deutlich schneller als ein voller. Vor der Reise sollte der Dieselfilter erneuert werden, da sich darin Wasser sammeln kann, welches in Norwegen gefriert und zum Fahrzeugausfall führt. Am besten ist ein weiterer, passender Filter an Bord, um den Wechsel zu vereinfachen.
Campingtipps:
Winter-Gaskartuschen ermöglichen das Kochen auch bei bis zu minus 20 Grad. Eine Thermoskanne hält das Wasser für den morgendlichen Kaffee auch bei tiefen Temperaturen über Nacht flüssig. Sitzmöglichkeiten mit geschlossener Rückenlehne ermöglicht auch bei tiefen Temperaturen langes Sitzen im Freien. Schlauchtücher für den Hals sind tolle Erfindungen und sind sowohl für den Kopf als auch den Hals als Wärmeschutz geeignet, gerade im Zelt während des Schlafens.
Formalien in Norwegen:
Die Einreise ist mit einem Personalausweis möglich. Kinder müssen einen Reisepass mitführen. Die Einfuhr von Alkohol und Zigaretten ist nur bis zu bestimmten Mengen möglich. Ein Liter Alkohol ab 22 bis 60 Volumen-Prozent ist pro Person erlaubt. Zusätzlich dürfen 1,5 Liter Wein und 2 Liter Bier eingeführt werden. Verschiedene Varianten sind möglich. Spezielle Impfungen sind nicht notwendig. Das Leitungswasser in Norwegen ist von ähnlicher Qualität wie in Deutschland. Die Polizei arbeitet auf hohem Niveau und Bestechung wird mit empfindlichen Strafen geahndet.
Verkehrsregeln in Norwegen:
Alkohol am Steuer ist eine Straftat und wird ab 0,2 Promille verfolgt. Es muss immer mit Abblendlicht gefahren werden. Die Höchstgeschwindigkeit für PKW und Wohnmobile bis 3,5 t beträgt 50 km/h innerorts, 80 km/h außerorts und 90 km/h auf Autobahnen.
Nordlichter und Fotografie:
Im Norden ist die Wahrscheinlichkeit Nordlichter zu sehen, sehr hoch. Spezielle Smartphone-Apps ermöglichen das finden der besten Spots. Wir nutzen die App „Polarlicht“ für Android. Dort wird die akteuelle Stärke der Sonneneruptionen angegeben und die Wahrscheinlichkeit sie am aktuellen Standort in Relation zur Wolkendecke zu sehen. Am besten fotografiert man Polarlichter mit einem Stativ. ISO-Wert auf circa 100 – bis 200 stellen und mit einer Belichtungszeit von 15 Sekunden beginnen. Blende circa 7 oder kleiner. Je länger belichtet wird, desto besser, zumindest bei stehenden Polarlichtern. Oft sieht das menschliche Auge Polarlichter weiß. Auf den Fotos sind die sehr oft grün.
Reiseroute:
Kolding – Malmö – Jönköping – Stockholm – Vilhelmina – Arjeplog – Bodo – Lofoten – Reine – Bjervik – Olderfjord – Honningsvag – Nordkapp – Honningsvag – Umea – Stockholm – Kopenhagen – Deutschland