Wir sind 2018 im VW-Bus T4 nach Portugal aufgebrochen. Das Ziel: der Atlantik an der westlichsten Küste Europas. Das Fahrzeug: Ein alter VW-Bus T4, den wir kurzerhand zum Low-Budget-Reisemobil umgebaut haben.
Spanien und vorher Frankreich als Transitländer zu durchqueren, ist ein seltsames Gefühl. Beide Länder sind für uns Deutsche Urlaubsländer, und gerade wenn man – so wie wir – extrem frankophil ist, möchte man im einen oder anderen französischen Städtchen verweilen, Lebensart und Küche genießen. Da uns aber von unserem Startort im südlichen Bayern bis zum Zielort kurz oberhalb von Lissabon gut 2.500 Kilometer trennen, machen wir drei Tage lang Strecke. Und die ist mit drei kurzen Worten beschrieben: Es – zieht – sich!
Auf dem Weg im T4 nach Portugal sind viele Kilometer abzuspulen
2017 sind Freunde von uns nach Portugal ausgewandert. Kurz vor ihrer Abreise kam natürlich das unweigerliche Versprechen: Wir besuchen euch. Da in Deutschland ohnehin der Herbst beginnt und die Temperaturen langsam fallen, bietet sich Mitte September an, endlich „Butter bei die Fische“ zu tun und aufzubrechen. Da wir gerne mit dem Wohnmobil fahren wollen, unsere Pickup-Wohnkabine aber abgesattelt und leergeräumt in unserer Schrauberhalle steht und bis zum Urlaub definitiv nicht einsatzbereit sein wird, kaufen wir kurzerhand einen alten VW-Bus T4 und zimmern innerhalb von rund zwei Wochen einen reisetauglichen Einbau mit Bett, Küchenschrank, Kühlbox und Regalen hinein.
Drei Wochen Urlaub in südlicher Sonne und auf der einen oder anderen Offroad-Piste sind geplant. Auf dem Hinweg zu unseren Freunden ist daher „Kilometerfressen“ angesagt. Ein französischer Supermarkt kostet uns dann aber doch rund einen halben Tag Zeit, und wir schaffen an diesem Tag nur etwa 500 Kilometer.
Bei uns ist Herbst, in Portugal ist das Wetter sommerlich
Während in Deutschland das Wetter herbstlich wird, empfängt Portugal uns und unseren alten T4 mit über 35 Grad und strahlendem Sonnenschein. Und während wir über eine fast leere (und ziemlich teure) Autobahn dem Sonnenuntergang entgegen rollen, stellt sich ein längst vergessenes Gefühl ein: In unserem über zwei Jahrzehnte alten Bulli, mit dem wir jetzt durch halb Europa gefahren sind, kommen wir uns wieder vor wie mit 20. Dass der Personalausweis anderes behauptet, muss offensichtlich ein Fehler vom Amt sein. Und noch etwas stellen wir fest: Die Geschwindigkeit mit der wir unterwegs sind entschleunigt. Mehr als 120 bis 130 km/h sind mit dem alten, aber zuverlässigen 60-PS-Diesel kaum drin. So hat sich bei uns eine Ruhe und Gelassenheit eingestellt, die wir aus dem hektischen Alltag zwischen Beruf, Einkaufen und anderen Dingen, die noch dringend erledigt werden müssen, lange nicht mehr gespürt haben.
Schnell stellen wir fest, wie gut sich unsere Freunde hier schon eingelebt haben. Beim gemeinsamen Frühstück im Supermarkt des Dorfes, der auch Treffpunkt und Café-Bar ist, genießen wir nicht nur die ersten portugiesischen und sündhaft süß wie leckeren Backwaren, sondern lernen auch eine Menge über Land, Leute und Lebensweise.
Wie gut sie sich tatsächlich schon auskennen, zeigt am Sonntag der gemeinsame Besuch des mitten im Wald gelegenen Santana-Marktes nördlich von Rio Major. Dieser jeden Sonntag abgehaltene Markt bietet alles, was man zum Leben benötigt: Kleidung, Schuhe, Töpfe, Gartengeräte, Grillzubehör, natürlich Obst, Gemüse, Brot, Honig, Fisch und Fleisch – letzteres auch lebend. Wer Hühner, Puten, Gänse oder Hasen für den eigenen Bauernhof sucht, ist hier richtig.
Mit vollem Magen zu diesem Markt zu kommen ist ein grober Fehler, denn eine Ecke der Marktfläche ist dem leiblichen Wohl vorbehalten. Hier wird Huhn gegrillt, Schweinebraten in der Glut geschmort oder Schnitzel in Weißwein gegart. Wer sich gegen Mittag den Bauch dann vollgeschlagen hat, nimmt noch einen Café, der hier Bica genannt wird.
Óbidos – schön aber touristisch
Das komplette Gegenteil ist Óbidos. Der alte, restaurierte Ort mit seiner Stadtmauer, auf der man einmal den Stadtkern umrunden kann, erinnert an Rothenburg ob der Tauber. Natürlich auch wegen der Stadtmauer, aber vor allem wegen der Busladungen voller Touristen, die hier angekarrt werden. Zum Glück ist der riesige Parkplatz vor den Stadttoren jetzt im Herbst nur spärlich besetzt. Trotzdem erscheint uns der kleine Ort zu voll, die Auslagen der Geschäfte zu kitschig, das Flair zu touristisch, so dass wir nach einem kurzen Spaziergang durch die Gassen weiterziehen. Angetan hat es uns allerdings die Buchhandlung im Ort, reichen die Regale doch tatsächlich bis unter die Decke und sind mehrere Meter hoch. Ein Paradies für Leseratten.
Endlich, der VW-Bus ist in Portgal am Meer angekommen
Die heranrollenden Flutwellen des Atlantiks donnern mit Wucht gegen die Mole. Die Gischt spritzt meterhoch. Wir haben uns von unseren Freunden verabschiedet und sind nun am Meer – endlich. Bei unserem Spiel „wer zuerst das Meer sieht“ ging es auch diesmal wieder hoch her. Wir mussten uns immer wieder gegenseitig daran erinnern, dass Flüsse, Seen oder die Grafik auf dem separaten Navi im T4 natürlich nicht zählen. Nun stehen wir direkt am Wasser und sehen diesem immer wieder atemberaubenden Naturschauspiel gebannt zu. Mit Spannung beobachten wir die auf der Mole stehenden Angler, die auf frischen Fisch für ihr Abendessen hoffen. Nach einer halben Ewigkeit kehren wir zurück zu unserem Bulli und machen uns auf die Suche nach einem Platz für die Nacht.
Portugal und seine Waldbrände von 2017
Manchmal hält der Ausblick jedoch nicht nur Schönes bereit. So sehen wir an einem Tag Rauchsäulen in der Ferne. Nachdem wir mit unserem VW-Bus die Tage zuvor zum Teil stundenlang durch komplett verbrannte Wälder gefahren sind, hoffen wir, dass die Bombeiros, die portugiesischen Feuerwehrleute, auch diesmal einen guten Job machen und den Brand schnell löschen können. Im Jahr zuvor standen hier unzählige Waldflächen in Brand. Und obwohl man mittlerweile viele Feuerschneisen in die Wälder geschlagen und sie vom schnell brennbaren Unterholz befreit hat, kommt es immer wieder zu Feuern, die in den trockenen Eukalyptus- und Kiefernwäldern ausreichend Nahrung finden.
Da Portugal mittlerweile zu einem der größeren Lieferanten für die Papierindustrie geworden ist, sind diese Waldgebiete oft riesig und Brände vom Boden aus schwer zu bekämpfen. So sehen wir immer wieder die Löschflugzeuge kreisen, was jedes Mal ein leicht mulmiges Gefühl bei uns auslöst. Unsere Feuerschale bleibt jedenfalls da, wo sie ist: Im Stauraum unter dem Bett.
Drei Wochen sind zu kurz für eine Reise nach Portugal. Das stellen wir fest, als wir uns nach zwei Wochen langsam auf die Rückreise machen. Das Land ist einfach zu schön, die Menschen zu freundlich, das Essen zu lecker und die Anreise dafür einfach zu weit.
Dennoch, ein letzter Abstecher ans Meer. Am nächsten Morgen geht es mit unseren VW Bus T4 auf die Autobahn und über die Grenze nach Spanien. Dort fallen wir noch in einen Supermarkt ein, kaufen Schinken, Chorizo und spanischen Brandy. Anschließend lassen wir den Bulli nach dem Volltanken bis nach Frankreich durchrollen. Für die restlichen Kilometer lassen wir uns Zeit, und erkunden kleine Ortschaften und große Supermärkte. Frankreich als Transitland? Das funktioniert bei uns eben doch nicht.
Noch mehr Reisen (nicht nur mit dem VW.Bus) …
… findet ihr in unserer Rubrik “Vanlife on Tour” oder im Buch “Travelling off the Road”, aus dem auch unsere Reisegeschichte Portugal im VW-Bus T4 stammt.