Wer wie wir seinen Vanlife-Fahrzeug selbst ausbaut muss in erster Linie sehr genau planen. Grundsätze der Elektrik im Camper sind dabei das A und O. Wir geben euch zusammen mit dem Elektroausbauexperten Tino Eggert Hinweise, wie man selbst ausbauen kann. Aber: Elektrik ist wirklich kein einfaches Thema. Tino sagt: „Strom macht klein, schwarz und hässlich!“ Holt euch lieber Hilfe, bevor ihr große Fehler macht, die euer Fahrzeug und euch selbst gefährden.
Am Anfang steht genaue Planung
Wer es selber macht, muss schon zu Beginn des Umbaus eine genaue Idee entwickeln, wie der Elektroausbau im Details aussehen und tatsächlich umgesetzt werden soll. Unser Experte Tino Eggert sagt: „Vorher ausreichend weit im Kopf die nächsten Schritte planen, um Fehler zu vermeiden.“ Insbesondere die zu verwendenden Komponenten sind wichtig. Oft bestimmt der Bauraum im Anhänger, wie was umgesetzt werden kann. Eine genaue Planung ist deswegen wirklich sehr wichtig, wobei die Grundsätze Elektrik im Camper beachtet werden müssen.
Grundsätze der Planung bei der Elektrik im Camper
1. Das Elektrokonzept muss vollständig durchdacht sein (Schaltplan erstellen).
1.1 Welche Verbraucher sollen wo eingesetzt werden?
1.2 Welche Verbraucher sollen überhaupt eingesetzt werden (möglichst genaue Produkte für die Planung verwenden)? Wichtig: der Sicherungskasten muss über ausreichend viele Sicherungsmöglichkeiten verfügen, um zum eigenen Konzept zu passen.
1.3 Welches Batteriekonzept (AGM, Lithium, 12/24/48V System) soll umgesetzt werden?
1.4 Welches Ladekonzept (Landstrom, Ladebooster, Solar, Diesel-/Benzingenerator, Brennstoffzelle) soll umgesetzt werden?
2. Die Anordnung der Komponenten in Bezug auf den zur Verfügung stehenden Bauraum planen und vor (!) Baubeginn ausprobieren.
3. Leitungsführung vorab festlegen und möglichst ausprobieren (Kurvenradien usw. in Bezug auf die Kabelstärken ausprobieren)
3.1 Leitungskreuzungen so gut es geht vermeiden
3.2 230V und 12/24/48V getrennt führen
4. Passendes Werkzeug, auf hohe Qualität achten, anschaffen
5. Alle notwendigen Materialien vorab beschaffen (Verbraucher, Leitungen, Werkzeuge, Kabelverbinder)
Handwerkliche Grundsätze bei der Elektrik im Camper
- Ausnahmslos jede Leitung muss (richtig) abgesichert werden.
Jede Leitung, die einen oder mehrere Verbraucher versorgt muss plusseitig nahe der Spannungsquelle bzw. nach Verteilungen und folgenden Querschnittsverringerungen abgesichert werden. Ausnahmen gibt es nicht. Denn: jeder Verbraucher, mag er auch noch so wenig Strom benötigen, kann einen Defekt erleiden und unter bestimmten Voraussetzungen einen Kurzschluss herbeiführen. Mit einer Sicherung schützt man den jeweiligen Stromkreis dann vor unzulässig hohen Stromstärken. Heißt: unzulässig in Bezug auf den verwendeten Kabelquerschnitt und eventuell später unbemerkt auftretenden Leitungsschäden samt Kurzschlüssen. Übersteigt die Stromstärke den für den Querschnitt zulässigen Wert, kann das Kabel schmelzen, was eine Brandgefahr darstellt.
- Ausreichend dicke, passende und lange Kabel verwenden.
In einem Fahrzeug darf ausschließlich Litzendraht verwendet werden. Dieser besteht aus dünnen Einzeldrähten, wodurch sich, auch in Kombination mit der verwendeten Isolierung, eine deutlich höhere Flexibilität ergibt. Heißt: diese Kabelart bricht nicht auf Grund der Vibrationen im Fahrzeug. Insbesondere bei großen Kabelquerschnitten hat diese höhere Flexibilität auch ganz praktische Vorteile, um beispielsweise Kabel passend verlegen zu können. Dieser Kabelquerschnitt muss korrekt in Bezug auf die angeschlossenen Verbraucher und die notwendige Kabellänge gewählt werden. Je nach Stromaufnahme des Verbrauchers entstehen Stromstärken, die die Leitungen nicht überlasten dürfen. Je dicker, desto höher kann die Stromstärke bedenkenlos sein und desto geringer fällt der Spannungsabfall bei langen Kabeln aus. Angegeben werden Kabelquerschnitt in Quadratmillimeter, also einer Flächenangabe. Die Länge der Kabel spielt in Bezug auf den Leistungsabfall eine bedeutende Rolle.
Runde 2 zu Handwerkliche Grundsätze bei der Elektrik im Camper
- Kabelverbindungen müssen hochwertig umgesetzt werden
An den Enden der Leitungen müssen Verbindungsmöglichkeiten geschaffen werden. Beliebt sind Rohrkabelschuhe oder Aderendhülsen. An diesem Punkt werden aber zwei unterschiedliche Materialien verbunden, weshalb hier eine ganz erhebliche Fehlerquelle aufgrund zu geringer Kontaktflächen entsteht. Man muss es klar sagen: das Pressen muss fachmännisch umgesetzt werden. Üben, üben und nochmals üben ist angesagt. Essentiel ist auch gutes Werkzeug sowie hochwertige Produkte. Gerade Billigangebote bei Amazon sollten sehr kritisch betrachtet werden. Das Presswerkzeug muss explizit zum verwendeten Produkt passen. Gleichzeitig muss der Kabelschuh oder die Aderendhülse für den verwendeten Querschnitt ausgelegt sein (oft symbolisieren die Farben der Aderendhülsen einen gewissen Bereich der Querschnitte, die jeweils zulässig sind). Dabei gilt: Einzellitzen müssen eine möglichst große Pressfläche im Kabelschuh/Aderendhülse haben. Zugprobe nach dem Pressen nicht vergessen: hält das Kabel in der Pressung?
- Leitungen müssen ausnahmslos immer fixiert werden.
Wer Leitungen durch das Fahrzeug zieht, muss den Spielraum für Bewegungen dieser Leitungen auf ein Minimum beschränken. Das geht natürlich mit speziellen Kabelkanälen am besten, aber auch mit Kabelbindern können die Leitungen an Querstreben oder ähnlichem festgemacht werden. Nur: hier muss darauf geachtet werden, dass keine Scheuerstellen entstehen. Die Gefahr, dass die Isolierung beschädigt wird, muss maximal verringert werden. Bei Durchführungen durch die Karosserie oder in der Nähe von scharfen Kanten, muss ein zusätzlicher Schutz verwendet werden (z.B. Wellrohr). Ziel ist es, Kurzschlüsse zu verhindern. Übrigens: die Notwendigkeit zur Fixierung gilt auch schon im Bereich des Sicherungskastens.
Unsere Meinung
Die Planung und Umsetzung der Elektroanlage in einem Campingfahrzeug ist komplex und setzt ausreichend Fachwissen und handwerkliches Know-How voraus. Selbst ein perfekter Schaltplan muss noch fachmännisch umgesetzt werden und hier lauern die wirklichen Gefahren. Wer sich hier unsicher oder eben totaler Laie ist, sollte sich unbedingt fachmannische Unterstützung holen um später keine bösen Überraschungen auf der nächsten Tour zu erleben.