In Teil 5 unserer Reihe „Strom im Campervan“ gehen wir auf das Thema Solaranlage ein. In den vorherigen Teile sind wir bereits auf die Grundlagen eingegangen, haben den Strombedarf ermittelt, geklärt welche Kabel wir verwenden können und wie wir unsere Aufbau-Batterien dimensionieren.
Strom im Campervan – SOLARANLAGE
Neben der Möglichkeit, die Batterie während der Fahrt durch die Lichtmaschine zu laden, zusätzlich einen Landstrom-Anschluss und ein Ladegerät im Fahrzeug zu haben, ist eine schöne Sache – wenn irgendwo eine Steckdose in der Nähe ist. Steht man jedoch irgendwo einsam an einem schönen Seeufer, nutzt die Außensteckdose für den Stromanschluss herzlich wenig. Alternativen müssen also her. Eine wäre ein Stromaggregat. Das macht aber Krach, braucht Sprit und verpestet obendrein die Luft. Die bessere Variante ist ein Solarmodul, bei dem die Sonne den „Treibstoff“ sogar kostenlos liefert.
Wohin mit dem Solarmodul?
Solarmodule kann man fest auf dem Fahrzeug montieren oder als mobile Solarkoffer oder -taschen verwenden. Das fest auf dem Fahrzeug montierte Solarmodul hat dabei den Nachteil, dass das Fahrzeug auch in der Sonne stehen muss, wenn das Modul Strom erzeugen soll. Dadurch heizt sich jedoch auch der Innenraum auf – etwas, was man nicht nur deswegen lieber vermeiden will, weil dadurch auch die Kühlbox mehr Strom zum Kühlen benötigt. Ein Weg dies zu umgehen bietet das Solarmount von Relleumdesign. Die Halterung für Solar-Paneele lässt sich nicht nur in alle vier Richtungen aufstellen, was einen besseren Wirkungsgrad ermöglicht, sie lässt sich auch abnehmen und in die Sonne stellen, während das Fahrzeug im Schatten parkt.
Eine andere Möglichkeit ist eine Solartasche zu verwenden. Wir haben mittlerweile eine Solartasche mit einer Leistung von 135 Watt an Bord. Den Vorgänger, die Tasche mit 120 Watt, hatten wir auf unserer Reise nach Portugal dabei. Wir haben damit hauptsächlich die Zweitbatterie für den Strom für die Kühlbox nachgeladen und über diese Batterie ab und an die Handys aufgeladen. Das funktionierte problemlos. Das Modul lässt sich sowohl neben dem Fahrzeug platzieren als auch hinter der Frontscheibe aufstellen, was wir vor allem dann gemacht haben, wenn wir zu einem Stadtbummel oder Strandbesuch aufgebrochen sind. Das funktioniert allerdings nur bei Scheiben, die auch UV-Licht durchlassen.
Berechnung der benötigten Leistung
Bevor man an die Nachrüstung einer Solaranlage sowie eines Zweitbatterie-Systems geht, sollte man jedoch den Strombedarf berechnen – der Selbstbauer hat das ja schon bei der Stromplanung erledigt – und die Gesamtanlage darauf ausrichten. Dazu muss, wie im Kapitel weiter vorne erläutert, der Verbrauch aller angeschlossenen Verbraucher ermittelt werden. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass nicht alle Verbraucher 24 Stunden am Tag auch Strom benötigen. Geht man von dieser Grundlage aus, wird die Solaranlage zu groß. Die richtige Größe ermitteln Firmen, die solche Anlagen montieren. Alternativ kann man den Bedarf mithilfe von Solarrechnern selbst ausrechnen. Im Internet sind unter dem Begriff „Solarrechner“ verschiedene solcher Rechner problemlos zu finden. Bei der Suche sollte man auf jeden Fall den Zusatz „12 Volt“ eingeben, da die Suchmaschine sonst nur Solarrechner für Hausanlagen auswirft. Alternativ gibt man in die Suche „Größe Solaranlage Wohnmobil berechnen“ ein. Damit sind einige Ratgeber von Selbstausbauern zu finden, die auch Solarrechner in ihre Seiten integriert haben. Da es ein wenig darauf ankommt, wo und zu welchen Jahreszeiten man mit dem Reisemobil unterwegs ist, können diese Parameter dort mit eingetragen werden.
Im Sommer oder im Winter unterwegs?
Denn es macht einen Unterschied, ob man im Sommer in Spanien oder im Winter in Skandinavien unterwegs ist. Und es macht einen Unterschied, ob man das Fahrzeug nur im Sommer für den Urlaub nutzt, oder ob man auch im Winter damit unterwegs ist. Ein Blick auf die Webseite „statista.com“ zeigt uns, dass wir im Sommer mit über 200 Sonnenstunden pro Monat rechnen können, während es im Winter selten bis zu 40 sind. Hinzu kommt, dass sie Sonne im Winter in einem flacheren Winkel steht. Liegt das Modul flach auf dem Dach, produziert es wegen des schlechteren Einfallswinkels weniger Strom. Lässt man diese Faktoren bei der Planung außer Acht, kann die Anlage zu klein, schnell aber auch viel zu groß geraten. Die Frage wie viele Module aufs Dach sollen und was sie leisten müssen ist also nicht so ganz leicht zu beantworten.
Als Faustformel kann man dazu zwar festhalten, dass im Sommer ein 100-Watt-Modul je 100 Amperestunden Batteriekapazität ausreichend ist. Im Winter, wenn die Sonne tief steht und nicht so lange scheint, sieht das jedoch anders aus. In dieser Zeit kann man für die Module gut die doppelte Wattzahl planen, also 200 Watt je 100 Amperestunden Akku-Kapazität.
Kapazität berechnen
Will man eine ungefähre Rechnung aufstellen, nimmt man den täglichen Strombedarf in Amperestunden und rechnet ihn in Wattstunden um. Die Formel dazu lautet:
Ah/d (Amperestunden/Tag) x V (Bordnetzspannung) = Wh (Wattstunden/Tag)
Also beispielsweise 62 Ah/d x 12V = 744 Wh
Laut Statista schien die Sonne 2020 in Deutschland 1900 Stunden. Die durchschnittliche Sonnenscheindauer lag also rein rechnerisch bei 5,2 Stunden pro Tag. Rund fünf Stunden, die wir zur Stromgewinnung nutzen können. Wir teilen unsere 744 Wattstunden also durch 5,2 und erhalten den Wert für die benötigte Größe des Moduls. In unserem Beispiel wären das gut 143 Watt Peak.
Jetzt bedeutet der Begriff Watt Peak aber, dass das die Leistung ist, die das Modul maximal erzeugen kann. Hier sind jedoch Verluste einzurechnen. Wird das Modul warm, erzeugt es weniger. Wird ein Teilbereich des Moduls beschattet, wird es weniger. Ist das Modul nicht optimal zur Sonne ausgerichtet, wird es weniger. Und als ob das noch nicht reichen würde, klaut uns auch die Leitungslänge zum Wechselrichter noch etwas Leistung. Wir müssen diesen Leistungsverlust also mit einkalkulieren und gehen dabei von rund einem Drittel aus. Unsere Rechnung sieht jetzt wie folgt aus:
(62 x 12 : 5,2) : 0,67 = 213,54
Wir würden also ein Modul mit gut 200 Watt Peak auf dem Dach benötigen, um unseren täglichen Strombedarf zu decken – im Jahresdurchschnitt. Das bedeutet, dass wir im Sommer mehr Strom produzieren, im Winter aber weniger. Weiß man, dass man nur in den Sommermonaten unterwegs ist, kann man daher die durchschnittlichen Sonnentage im Sommer zugrunde legen. Will man auch im Winter ausreichend Strom erzeugen, müssen mehr oder größere Module aufs Dach.
Wichtige Tricks
Allerdings gibt es auch ein paar Tricks, mit denen man arbeiten kann, um den Stromertrag zu verbessern und mit weniger Verlust zu rechnen. So kann man das Modul mit einer Aufstellmöglichkeit versehen, damit sich so der Wirkungsgrad der Sonneneinstrahlung erhöht.
Es gibt aber auch Halterungen, die für einen Abstand zum Dach sorgen, aber nicht aufstellbar sind. Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung eines mobilen Moduls, das man ebenfalls schräg zur Sonne ausrichten und ihr zusätzlich nachführen kann.
Wieviel Module müssen aufs Dach?
Weiß man, zu welchen Jahreszeiten und auch in welchen Breitengraden man unterwegs sein will und wird, lässt sich mit der genannten Formel und mit etwas Recherche nach den durchschnittlichen Sonnenstunden von Reisezielen und -zeiten grob bestimmen, was man an Modulen aufs Dach packen muss, damit man vom Landstrom weitestgehend unabhängig wird. Wer es genauer planen will, klickt sich durch die verschiedenen Rechner im Internet und spielt dort ein wenig mit den Daten und Parametern. Dabei sollte man ruhig auch die Rechner mehrerer Webseiten und Blogs nutzen und schauen welche Werte sie auswerfen (daher geben wir hier auch keine Empfehlung für einen bestimmten Rechner ab). Daraus kann man dann einen guten Mittelwert bilden.
Solarmodule
Bei Solarmodulen unterscheidet man zwischen monokristallinen und polykristallinen Modulen. Beide haben Vor- und Nachteile. Die monokristallinen Module können zwar mehr Strom produzieren, benötigen dafür aber eine möglichst volle Sonneneinstrahlung. Polykristalline Module haben bei voller Sonneneinstrahlung zwar einen niedrigeren Ertrag, liefern dafür aber bei bedecktem Himmel oder schlechtem Einfallswinkel mehr Strom als die Monokristalle. Unterm Strich kann das damit dann sogar wieder zu einer höheren Stromproduktion führen. Geht es also überwiegend in sonnenreiche Gegenden, wäre das das monokristalline Modul die bessere Wahl, in Gegenden mit vielen Wolken oder Regen das polykristalline.
Vom Aufbau her unterscheidet man Module mit starrem Alurahmen, die oft in Glas gegossen sind, und flexible Module, die auch auf Dächer geklebt werden können, die nicht plan sind, wie zum Beispiel beim VW-Bus. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Stromproduktion der Module mit zunehmender Temperatur abnimmt. Zumindest bei der Montage der starren Module sollte man daher darauf achten, dass sie hinterlüftet sind.
Wechselrichter
Den Schlussbaustein der autarken Stromversorgung bildet der Wechselrichter, der zwischen Solarmodul und Batterie geschaltet wird. Hier unterscheidet man zwischen PWM- und MPPT-Ladereglern. Einfach erklärt: Der PWM-Regler wandelt die Ausgangsspannung des Moduls auf die Spannung der Batterie und schiebt sie in den Akku. MPPT-Regler sind etwas aufwändiger konstruiert und liefern – ebenfalls einfach erklärt – eine höhere Leistung und können an den Batterietyp angepasst werden. In sehr sonnenreichen Gegenden macht es kaum einen Unterschied welchen Regler man verwendet. In weniger sonnenverwöhnten Ecken der Welt ist der MPPT-Regler allerdings die bessere Wahl.
Der Anschluss der Module muss grundsätzlich über einen Wechselrichter erfolgen. Er regelt die Spannung, die vom Modul kommt, auf die zwölf bis 14 Volt herunter, die für die Ladung der Batterie verträglich sind. Bei den besseren Wechselrichter-Modellen lässt sich der Batterietyp einstellen, damit der Akku mit der optimalen Spannung geladen wird. Die Module werden also nicht direkt an die Batterie angeschlossen, sondern an den Eingang vom Wechselrichter. Der Anschluss an die Batterie erfolgt dann über die Ausgangs-Anschlüsse des Wechselrichters.
Eine Alternative zum einzelnen Wechselrichter sind Kombigeräte, über die das Laden mit Landstrom, die Ladung über die Lichtmaschine und über das Solarmodul laufen. Die einzelnen Stromquellen werden separat an die ihnen zugewiesenen Eingänge angeschlossen. Zur Batterie gibt es nur einen einzigen Ausgang. Das minimiert das Kabelgewirr und Steck- oder Schraubkontakte. Das komplette Management für die optimale Ladung sowie die Überwachung der Batterie übernimmt das Gerät. Problemloser geht es dann kaum noch – weder bei der Planung noch beim Anschließen und dem Betrieb auf Reisen. Rechnet man die Kosten für drei hochwertige Einzelgeräte zusammen, kommt man damit sogar günstiger weg.
Die anderen Artikel der Serie „Strom im Campervan“ …
… findet ihr hier:
- Teil 1 – Die Grundlagen zum Thema Strom im Campervan
- Teil 2 – Strombedarf ermitteln
- Teil 3 – Kabel und Sicherungen
- Teil 4 – Aufbau-Batterien
- Teil 5 – Solaranlage
Weitere Tipps zum Selberbauen …
… findet ihr in unserer Rubrik “DIY und Ausrüstung”. Wie der Einbau einer Zweitbatterie im Campervan erfolgen kann, lest ihr in unserem Artikel zum Doppelbatteriesystem unseres T4-Syncro-Projekts.
Infos und Tricks zum Thema Ausbau von Reisefahrzeugen findet ihr übrigens im Buch “Living off the Road” aus dem Pietsch Verlag.